Im ersten Panel diskutierten zum Thema „Das Ende des deutsch-französischen Motors?" Joseph de Weck (von links, Autor und Politologe), Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen), Minna Ålander (Finnish Institute of International Affairs) und Maximilian Reiterer (wissenschaftlicher Mitarbeiter von Roderich Kiesewetter) mit Moderatorin Fanny Fee Werther. Foto: DBwV/Ingo Kaminsky

Im ersten Panel diskutierten zum Thema „Das Ende des deutsch-französischen Motors?" Joseph de Weck (von links, Autor und Politologe), Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen), Minna Ålander (Finnish Institute of International Affairs) und Maximilian Reiterer (wissenschaftlicher Mitarbeiter von Roderich Kiesewetter) mit Moderatorin Fanny Fee Werther. Foto: DBwV/Ingo Kaminsky

24.04.2024
Eva Krämer

„2024 ist ein Schicksalsjahr“

Die deutsch-französische Freundschaft, der Krieg in der Ukraine und die NATO – all das waren Themen bei den 11. Königsbronner Gesprächen am 20. April im baden-württembergischen Königsbronn.

„Dass die Gespräche bereits zum elften Mal stattfinden, zeigt auch, dass Außenpolitik alle Bürgerinnen und Bürger betrifft“, sagte Christian Wulff, Bundespräsident a.D., der als Hauptredner zu den Königsbronner Gesprächen eingeladen war. „Europa ist eben nicht nur Brüssel oder Straßburg“, so Wulff. Rund 300 Besucherinnen und Besucher waren am 20. April zu der sicherheitspolitischen Konferenz im ländlichen Raum in die Hammerschmiede in Königsbronn gekommen.

Ein wichtiges Thema in Wulffs Rede: Die NATO und der anhaltende Krieg in der Ukraine. Die vergangenen zwei Jahre seien für die Ukraine eine „Zeit des Grauens gewesen“. „Mit der Hilfe an die Ukraine verteidigen wir auch unsere Freiheit und Demokratie“, sagte Wulff.

Die NATO-Beitritte Finnlands und Schwedens hätten gezeigt, dass auch in den bisher bündnisfreien Staaten ein Umdenken stattgefunden habe. „Es muss möglich sein, dass weitere Länder der NATO beitreten können - auch zum Schutz der kleinen Länder“, so Wulff. Nur gemeinsam könne man sich schützen.

Das Jahr 2024 sei immens wichtig und ein „Schicksalsjahr“, so Wulff. Für die Ukraine, für die Amerikaner und auch für Deutschland mit den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. „Die Zukunft wird entscheiden, ob Europa stärker oder schwächer wird“, sagte Wulff mit Blick auf die Europawahl im Juni.

Frieden und Freiheit für die Ukraine

„Das Ende des deutsch-französischen Motors?“ war das Thema des ersten Panels. „Die Lage war noch nie so ernst wie heute“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter (CDU), Mitveranstalter der Königsbronner Gespräche und Obmann im Auswärtigen Ausschuss, einleitend. Auch 80 Jahre nach Kriegsende bestehe die Verantwortung, den Geist von Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung weiterleben zu lassen. „Die Ukraine braucht Freiheit und Frieden. Dafür braucht es eine gute Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich“, so Kiesewetter.

„Macron liefert nur einen Bruchteil von dem, was Deutschland an die Ukraine liefert“, sagte der Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter(Bündnis 90/Die Grünen), Vorsitzender des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Zudem würden Macron und Scholz es nicht schaffen, ihre jeweiligen Stärken zu bündeln. „Das nutzt Putin aus“, sagte Hofreiter. „Die Opfer sind die Soldaten und die Zivilisten in der Ukraine.“

„95 Prozent der finnischen Bevölkerung sind dafür, dass die Ukraine weiter unterstützt wird“, sagte Minna Ålander, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Finnish Institute of International Affairs in Helsinki arbeitet. „Viele Finninnen und Finnen machen sich Sorgen, was passiert, wenn der Krieg für die Ukraine schlecht ausgeht“, so Ålander.

In Frankreich hingegen gebe es kaum öffentliche Debatten über den Krieg in der Ukraine. „Man vertraut dem Präsidenten, dass er alles richtig macht“, so der Autor und Politologe Joseph de Weck.

Anton Hofreiter sprach sich zudem deutlich für weitere Waffenlieferungen an die Ukraine aus. Es sei ein Wunder, dass die Ukraine so lange überlebt habe. „Wir müssen alles liefern, was die Ukraine braucht.“

„Wir müssen dafür sorgen, dass die Ukraine ihren Traum von Frieden und Freiheit weiterleben kann“, ergänzte Maximilian Reiterer, wissenschaftlicher Mitarbeiter von Roderich Kiesewetter.

Wüstner: „Finger in die Wunde legen“

Die Einführung in das zweite Panel, „Die Europäische Union: wirtschaftliche Supermacht, militärisches Mittelmaß?“, gab der Bundesvorsitzende Oberst André Wüstner. „Wir beim Deutschen BundeswehrVerband erhalten immer mehr Anfragen von Kirchen und Schulen, aber auch aus der Industrie und der Wirtschaft. Das zeigt, dass der Gesellschaft bewusst wird, dass etwas passiert“, so Wüstner. Man müsse zuversichtlich bleiben, aber auch den Finger in die Wunde legen.

Die Herausforderungen an die Bundeswehr seien enorm. „Pistorius ist willens die Bundeswehr besser zu machen. Wir müssen verteidigungsfähig werden. Doch wir sind noch lange nicht da, wo wir hinwollen“, sagte Wüstner.

Zeitenwende für baltische Staaten

Daran schloss die Bundestagsabgeordnete, Inge Gräßle (CDU/CSU), an: „Wir müssen verteidigungsfähig werden. Und wir brauchen Antworten. Es kann nicht sein, dass das Verteidigungsministerium 15 Monate braucht, um neue Munition zu bestellen“, sagte Gräßle.

„In der Industrie hat man das Gefühl, dass man derzeit mit angezogener Handbremse fährt“, sagte Stefan Jock, Vice President Sales und Business Development des Rüstungskonzerns Hensoldt Optronics. Man müsse weg von der Manufaktur, hin zur industriellen Fabrik.

In Litauen wird derzeit eine neue Fabrik zur Herstellung von Artilleriegeschossen gebaut. „Nächstes Jahr soll die Fabrik stehen“, so der litauische Botschafter Ramunas Misiulis. Die Zeitenwende sei auch eine Zeitenwende für die baltischen Staaten. „Wir werden alles dafür tun, dass die deutsche Brigade in Litauen eine Erfolgsgeschichte wird“, sagte Misiulis.

Abschrecken nur mit militärischer Stärke

Auch die Wehrpflicht war ein Thema in der zweiten Diskussionsrunde. „Aber eine Wehr- oder Dienstpflicht kann das Problem nicht dauerhaft lösen“, sagte Michael Link (FDP), Bundestagsabgeordneter und Koordinator der Bundesregierung für die transatlantische Zusammenarbeit. Stattdessen müsse man in eine Bundeswehr mit guter Bezahlung investieren.

„Wir müssen dafür sorgen, dass die EU demokratisch bleibt. Ohne Rechtspopulismus mit einer starken Mitte“, sagte Hans-Peter Bartels, Bundesvorsitzender der Gesellschaft für Sicherheitspolitik und Wehrbeauftragter a.D. „Nur mit militärischer Stärke können wir abschrecken. Wir haben immer noch von allem zu wenig. Das habe ich bereits als Wehrbeauftragter gesagt und sage es heute immer noch“, so Bartels. „Deutschland ist ein unglaublich starkes Land. Es muss aber dafür gesorgt werden, dass das auch so bleibt.“

Die Königsbronner Gespräche fanden zum 11. Mal statt und sind ein traditionelles Diskussionsforum für die außen- und sicherheitspolitische Debatte im ländlichen Raum. Organisiert werden die Gespräche von MdB Roderich Kiesewetter gemeinsam mit dem Bildungswerk des Deutschen BundeswehrVerbandes und der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. Baden Württemberg.

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