München ‘72: Terroristen verwandeln die heiteren Spiele in die Hölle auf Erden
Vor 50 Jahren nehmen palästinensische Terroristen während der Olympischen Spiele israelische Sportler als Geiseln. Eine Befreiungsaktion gerät zum Fiasko – wenig später wird eine deutsche Antiterroreinheit aufgestellt.
Es soll ein Fest des Friedens werden, ein Fest der Freude und der Völkerverständigung – doch jäh bricht tödliches Grauen über München herein. Seit dem 26. August 1972 finden in der bayerischen Landeshauptstadt die Olympischen Sommerspiele statt. Doch nur wenige Tage nach der Eröffnungsfeier, am 5. September, kommt die blutige Gewalt. Angehörige der palästinensischen Terrororganisation Schwarzer September verüben ein Attentat auf die israelische Olympiamannschaft. Die acht bewaffneten Täter dringen morgens in das Wohnquartier des Teams ein und töten schon während ihres Angriffs zwei Sportler. Neun weitere werden als Geiseln genommen.
Der feige Anschlag auf die israelischen Sportler und die Olympischen Spiele sorgt für weltweites Entsetzen – und dieses Entsetzen wird wenig später noch größer. Denn die Terroristen wollen mit ihren Geiseln ausgeflogen werden. Mit Hubschraubern brechen sie zu einer am Flughafen Fürstenfeldbruck wartenden Boeing auf. Dort wollen Polizisten die Verbrecher überwältigen und die Sportler befreien. Doch sie sind zum einen unzureichend ausgebildet und ausgerüstet, zum anderen gibt es Kommunikations- und Organisationspannen.
Schließlich kommt es zum Fiasko: Während der Befreiungsaktion sterben nicht nur alle neun Geiseln, auch ein deutscher Polizist wird getötet. Von den Geiselnehmern überleben fünf ihre feige Tat nicht, drei können festgenommen werden. Die Olympischen Spiele werden nur für kurze Zeit unterbrochen, dann aber trotz Kritik fortgesetzt: Die Verantwortlichen wollen sich nicht dem Terror einer Mörderbande beugen.
Auch 50 Jahre nach dem Anschlag gab es weiter Streit um eine angemessene Entschädigung. Erst kurz vor dem Jahrestag und der Gedenkfeier in Fürstenfeldbruck am Montag, 5. September, einigten sich die Hinterbliebenen um Ankie Spitzer, Sprecherin der Opferfamilien, mit der Bundesregierung auf eine Entschädigungssumme in Höhe von 28 Millionen Euro. Darüber hinaus soll es eine umfangreiche Aufarbeitung der Ereignisse geben.
GSG 9 meldet Einsatzbereitschaft
In Deutschland werden schnell Lehren gezogen. Eine lautet: Die deutsche Polizei ist damals auf Geiselnahmen dieser Art einfach nicht vorbereitet. Konsequenz: Bereits drei Wochen nach der Bluttat wird am 26. September 1972 die Grenzschutzgruppe 9 (GSG 9) als Spezialeinheit zur Bekämpfung von Schwerst- beziehungsweise organisierter Kriminalität sowie Terrorismus aufgestellt. Im April 1973 meldet Gründungskommandeur Ulrich Wegener die Einsatzbereitschaft von zwei Einsatzeinheiten der GSG 9. Die „9“ ist übrigens leicht zu erklären: Zu diesem Zeitpunkt gibt es bereits acht Grenzschutzgruppen. Fünf Jahre nach dem Olympiaattentat von München hat die GSG 9 ihre Feuertaufe, und das unter dem passenden Namen „Operation Feuerzauber“. Nach der Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ im Oktober 1977 stürmt ein Kommando der Eliteeinheit auf dem Flughafen von Mogadischu in Somalia das Flugzeug und befreit sämtliche Geiseln. Ein Todesopfer gab es dennoch zu beklagen. Zuvor hatten die palästinensischen Terroristen im Jemen den Piloten der Passagiermaschine ermordet. Mittlerweile hat die Bundeswehr den „Landshut“-Piloten Jürgen Schumann gewürdigt. In Appen wird 2021 der Sitz der Unteroffizierschule der Luftwaffe nach ihm benannt.
Der Bundesgrenzschutz wird 2005 in Bundespolizei umbenannt. Doch zu diesem Zeitpunkt hat sich der Name GSG 9 weltweit als fester Begriff etabliert. Er wird deshalb beibehalten und lediglich mit dem Zusatz „der Bundespolizei“ ergänzt, wie diese informiert.
Ungefährlich ist das Leben der GSG-9-Angehörigen nicht. So wird 1993 in Bad Kleinen ein Polizeikommissar von einem RAF-Terroristen erschossen. Zudem verlieren Tobias R. und Thomas H. ihr Leben im Einsatz. Im Rahmen eines Personenschutzeinsatzes im Irak 2004 gerät ihr Konvoi in der Nähe von Falludscha in einen Hinterhalt.