Bei der Bundeswehrtagung waren klare Bekenntnisse zur nachhaltigen Finanzierung der Streitkräfte gefordert: Bundeskanzler Olaf Scholz (M.) mit seinem Verteidigungsminister Boris Pistorius (l.) und Generalinspekteur General Carsten Breuer. Foto: picture alliance/dpa/Christophe Gateau

10.11.2023
Von Frank Jungbluth und Eva Krämer

Ein General unter Freunden und der Stolz auf die Bundeswehr

Berlin. Für Valdemaras Rupšys, General und Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Republik Litauen, war es ein Wohlfühlbad in der Menge, der mehr als 200 Teilnehmer der diesjährigen Bundeswehrtagung. Rupšys, an dessen Ostgrenze die Truppen des Putin’schen Vasallenstaates Belarus lauern, war von Freunden umzingelt. Bis 2025 soll die neue Panzerbrigade 42 mit 4.800 vorwiegend deutschen Soldatinnen und Soldaten die Ostflanke der NATO in Litauen sichern. Von Paprade aus, wo der Standort der schweren Brigade sein könnte, sieht man gewissermaßen das Weiße im Auge des Feindes nebenan in Weißrussland. 

„Das wichtigste Ziel muss die Abschreckung gegen Russland sein“, sagte Rupšys. „Deutschland ist ein historischer Verbündeter und übernimmt bei der Sicherung der NATO-Ostflanke eine Führungsrolle. Die kleinen NATO-Staaten können das nicht allein schaffen.“ Rupsys forderte auch, alle Institutionen der Staaten in die Verteidigung einzubeziehen. Der Aspekt wird bei dem Treffen als gesamtstaatliche Verteidigung diskutiert. Der General sagte laut Konferenzübersetzung: „Damit wir auf einen künftigen, großangelegten Krieg vorbereitet sind, müssen wir uns anpassen, wir müssen uns ändern.“

Als der litauische General seinen Vortrag begann, war Regierungschef Olaf Scholz (SPD) schon wieder weg. Der Kanzler war der hochrangigste Gast der Bundeswehrtagung. Seine deutlichen Botschaften: „Wir brauchen eine schlagkräftige Bundeswehr. Wir haben eine nie da gewesene Bereitstellung von Finanzmitteln für die Bundeswehr geschafft. Die Finanzierung der Truppe ist nachhaltig gesichert und wir werden das Zwei-Prozent-Ziel der NATO im Verteidigungshaushalt dauerhaft erreichen.“ Dieses Bekenntnis hatte zuvor Oberst André Wüstner, Vorsitzender des Deutschen BundeswehrVerbandes, eingefordert.

Scholz forderte auch, dass die Bundeswehr nicht nachlassen dürfe, das Tempo der Zeitenwende weiter hochzuhalten. „Wir müssen noch weiter bürokratische und organisatorische Schwerfälligkeiten überwinden.“ Dazu passt, dass sein Parteifreund Boris Pistorius kurz nach der Ansprache und dem Talk mit dem Kanzler seine Ministeriums-Reform veröffentlicht hat.

Nachdem der seit Januar im Amte des IBuK befindliche Pistorius im Frühjahr 2023 die Leitungsebene des Ministeriums neu aufgestellt und den Planungs- und Leitungsstab eingerichtet hat, rüttelt der Minister das BMVg weiter durch: „Redundanzen abbauen, unklare Schnittstellen beseitigen, schlanker werden – dass war das erklärte Ziel. Es braucht organisatorische Klarheit und zielgerichtete Zusammenarbeit. Entscheidungen müssen da getroffen werden, wo sie hingehören. Nicht-ministerielle, rein unterstützende Aufgaben werden abgeschichtet, Synergieeffekte genutzt und zu umfangreich abgebildete Aufgaben bereinigt“, teilt man aus dem BMVg mit.

„Größte Strukturänderung im BMVg seit 2012“

Hierfür werden drei Unterabteilungen des Ministeriums aufgelöst, mehr als 200 Dienstposten in den nachgeordneten Bereich der Bundeswehr verlagert und mehr als 1.000 Dienstposten – und damit mehr als ein Drittel des Hauses – intern umstrukturiert. „Es handelt sich insgesamt um die größte Strukturänderung im BMVg seit 2012“, heißt es aus dem Ministerium.

50 25-Millionen-Vorlagen, ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro, von dem bereits zwei Drittel vertraglich gebunden, also ausgegeben seien – das ist ein Teil dessen, was der Bundeskanzler bei dieser Bundeswehrtagung als Erfolgsbilanz vorlegt. „Bitte machen Sie weiter so“, ruft er den Teilnehmern zu. „Der Umgang mit der Zeitenwende heißt auch, Lehren aus den Kriegen in der Ukraine und in Israel zu ziehen, auch für die Ausrüstung und die Ausbildung der Bundeswehr.“

„Wir müssen wehrhaft bleiben“

„Wir wachsen mit den Herausforderungen“, erklärt Olaf Scholz weiter. Er wirbt für die europäischen Rüstungsprojekte mit FCAS und dem Kampfpanzer-Projekt mit Frankreich. Er macht deutlich, dass Deutschland mit der Umsetzung der neuen NATO-Verteidigungsplanung weiter gefordert sei. „Wir müssen wehrhaft bleiben.“ Die Truppe, so sekundiert er seinem Minister Pistorius, der am Tag zuvor die neuen verteidigungspolitischen Richtlinien für die Zeitenwende vorgestellt hat, müsse die Landes- und Bündnisverteidigung weiter verinnerlichen, aber auch Helfer in der Not bleiben. „Die Bundeswehr hat bewiesen, dass auf sie Verlass ist. Sie haben meinen persönlichen Rückhalt.“

„Der 9. November und der Volktrauertag sind Daten die mahnen und uns daran erinnern, wie wichtig Freiheit und Sicherheit sind“, sagt Pistorius. „Wir müssen zeigen, dass wir uns verteidigen können und dies auch wollen.“ Die Bundeswehr müsse so aufgestellt sein, dass sie die Sicherheit und Freiheit verteidigen kann. „Wir brauchen bestmöglich ausgebildete Soldaten und Soldatinnen“, sagt Pistorius. „Zudem braucht es die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Wir müssen gemeinsam mit Hochdruck an diesen Voraussetzungen arbeiten.“

Roadmap für Brigade in Litauen

Auch die Brigade für Litauen war ein Thema: „4.800 Soldatinnen und Soldaten, sowie 200 zivile Mitarbeitende sollen in Litauen stationiert werden“, so Pistorius. Noch bis zum Ende des Jahres soll eine Roadmap, gemeinsam mit dem litauischen Militär, aufgestellt werden.

Für den Verteidigungsminister ist klar: „Wir schaffen nur eine starke Bundeswehr, wenn sie einen starken Rückhalt in der Gesellschaft hat. Wir stehen heute besser da als vor einem Jahr“. Auch das ist eine starke Botschaft und Balsam für die Seele der Teilnehmer, was Boris Pistorius da verteilt. „Darauf können wir alle stolz sein“, schließt der Minister.

Im Anschluss an die Tagung stellte sich Verteidigungsminister Pistorius den Fragen der Journalistinnen und Journalisten. „Die Initiative für einen Veteranentag sollte aus dem Parlament herauskommen“, antwortet Pistorius auf die Frage nach einem Veteranentag. Im Parlament beschäftigte man sich gerade intensiv mit damit. „Ich begrüße eine solche Initiative sehr und werde sie nach Kräften unterstützen.“

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